PV & Dachbegrünung: Flächenkonkurrenz oder/ und Synergien?

BUND-Exkursion zur Firma ZinCo, Juli 2022

Firmengebäude ZinCo, beispielhaft: Wenn schon im Außenbereich bauen, dann auch auf dem Gelände biologische Vielfalt fördern, Energie sparen und erzeugen! Foto: Lupp

Auf Einladung der BUND Regionalverbände Neckar-Alb und Donau-Iller sowie des PV-Netzwerks Ulm besuchten wir im Juli 2022 die Firma ZinCo. Teilnehmer*innen (TN) aus der Stadtplanung, der Kommunalpolitik, von Klimaschutzbehörden, vom BUND sowie interessierte Privatpersonen hörten den spannenden Vortrag von Manfred Krüger (Geschäftsführer Vertrieb bei ZinCo) zum Nutzen der Dachbegrünung, zu Kombinationmöglichkeiten mit Photovoltaik (PV) oder Solarthermie sowie möglichen Synergien zwischen beiden Nutzungen trotz "Flächenwettbewerb" zwischen Pflanzenvielfalt und Energiegewinnung. Manfred Krüger und Jens Knaisch beantworteten im Anschluss zahlreiche Fragen und diskutierten mit den TN über Statik, PV-Aufständerung, "Klimadach",  Kühlwirkung der Bepflanzung auf Solarzellen (zur Ertragsteigerung!) und andere Details.

Die Firma ZinCo begrünt weltweit Gebäude und Infrastrukturen, darunter die berühmte "Highline" in New York. In Zusammenarbeit mit Solarteuren installiert sie die klassisch-schrägen PV-Anlagen, aber auch bifaziale Anlagen (Vorteil: Zwei Solarpeaks pro Tag, keine Schneelastprobleme, einfachere Bewirtschaftung oder Pflege der Flächen zwischen den Panels) und ganz neu, gerade in der Serienentwicklung "TubeSolar" über Begrünung mit sehr guter Ausnutzung der Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf. Diese Röhren mit integrierten Solarzellen liefern außerdem Starkwinden kaum Angriffsfläche.
Beim Substrat und bei der Drainageschicht verwendet ZinCo einen hohen Anteil an Recyclingmaterial und strebt kurz Transportwege an.

In  den Zeiten des Klimaawandels mit zunehmenden Starkniederschlägen und immer mehr Tropentagen (insbesondere in Städten mit schlechter Durchlüftung, zu wenig Grün und viel schwarzer Asphalt sowie wärmeabstrahlenden PKW) sowie des Artensterbens wird die klimafreundliche Energieerzeugung, die Wasserretention, die Verdunstungskühlung sowie der Artenschutz auch im Siedlungsgebiet immer wichtiger.
Klar ist: Wir können es uns nicht mehr leisten, naturnahe Lebensräume sowie wasser- kohlenstoffspeichernde Böden unter Gebäuden, Straßen oder Parkplätzen verschwinden zu lassen. Und wenn Firmen, Institutionen oder private Bauherren dies doch tun, dann sollte die Kommune festsetzen, dass der Eingriff zumindest zum Teil auf dem Baugrundstück bzw. im Baugebiet ausgeglichen wird - mit Regenwasserzisternen im Boden, Begrünung + Solar auf dem Dach (was beim Neubau meist einfacher ist als bei alten Gebäuden) und/ oder an der Fassade sowie einer klimaresilienten, vernetzten und insektenfreundlichen Bepflanzung.

Manfred Krüger zeigte eindrucksvolle Fotos davon, wie Begrünung ein Dach schützen kann: Beim Hagelunwetter im Sommer 2021 im Landkreis Reutlingen wurde ein Kies-Flachdach so stark beschädigt, dass Wasser ins Gebäude eindrang und das Dach komplett saniert werden musste. Beim begrünten Flachdach eines ebenfalls vom Hagel betroffenen Gebäude wurde nur die Bepflanzung und die oberste Substratschicht beschädigt, die Pflanzen erholten sich weitgehend von selbst.

                                                                                                                                                                     

Auf diesem Dach brummt das Leben (Insekten, Pflanzen, Menschen) und es wird Strom produziert (Foto: Lupp)

Daneben präsentierte der Referent einige Bilder vom relativ aufwändigen "Urban gardening" auf Dächern und Tiefgaragen. Der gemeinschaftliche Gemüse- und Obstanbau fördert das Wissen über die Herkunft unserer Lebensmittel. Aber natürlich kann damit nicht der baubedingte Verlust landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungserzeugung ausgeglichen werden.

Anhand von einigen Negativbeispielen wurde deutlich, dass selbst eine extensive, wuchsschwache Pflanzenmischung gepflegt werden muss. Denn man will nicht nach wenigen Jahren z. B. "die berühmte Birke", welche die PV-Panels beschattet und die Abdichtung gefährdet, herausreißen müssen, so Krüger.

Da es an diesem Tag sehr heiß war (was die blütenbesuchenden Insekten übrigens kaum zu beeinträchtigen schien) genossen wir nach dem Abstecher aufs Firmendach wieder die angenehme Kühle im Firmengebäude. Es handelt sich um einen rund zehn Jahre altes Plus-Energie-Bau in Holz-Sandwich-Bauweise. Eine wasserspeichernde Zisterne kühlt und die Abwärme von Computern und Mitarbeiter*innen heizt über ein Belüftungsystem das Gebäude - ganz ohne stromfressende Klimaanlage!

Im Frühjahr veranstalteten wir übrigens ein Online-Seminar zum selben Thema. Hier die Aufzeichnung.

Und hier geht es zu unserer Befragung zu Klimanpassungsmaßnahmen von Kommunen in der Region Neckar-Alb.

                                                                                                                                     Barbara Lupp

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