Podium des BUND Ammerbuch zu "Nachhaltige Nutzung der Ammerbucher Landschaft" (09/2023)
Schwerpunkte: Bodenbearbeitung im Klimawandel und regionale Vermarktung
Auf dem Podium der sehr gut besuchten Zehntscheuer Reusten diskutierten:
- Jochen Eissler (stellvertretender Vorsitzender Kreisbauernverbandes Tübingen, Ammerbuch-Poltringen) und Jörg Kautt (Vorsitzender des KBV)
- Christian Engelhardt (Tennentaler Gemeinschaften e.V., Deckenpfronn)
- Kolja Schümann (Vielfalt e.V., Mössingen)
Der Moderator Dieter Christ vom Vorstand des BUND Ortsverbandes forderte vorab das Publikum mit Fragen wie "Wie groß ist der Anteil der (wachsenden) Siedlungsfläche auf der Gemarkung Ammerbuch?" oder "Wie groß ist der Anteil regionaler Produkte in Ihrem Einkaufskorb"?
Im ersten Teil der Veranstaltung drehte sich alles darum wie man die Bodenbewirtschaftung an das zunehmend unkalkulierbarende Klima mit langen Trockenphasen, Hitze und Starkniederschlägen anpassen kann. Die Podiumsteilnehmer berichteten, dass und ihre Kolleg*innen mit verschiedenen Methoden und Sorten experimentieren und dabei einige Risiken eingehen. Als positiv gilt möglichst geringe Bodenbearbeitung - aber: die Frostgare wird durch Bearbeitung gefördert und der Beikrautdruck verringert - sowie mehr oder weniger ganzjährige Bodenbedeckung durch Zwischenfrüchte oder Mulchen.
Man war sich einig, dass ein humusreicher Boden und vielfältiges Bodenleben die angebauten Nutzpflanzen stärkt. Dagegen lehnt der BUND, so Dieter Christ, die Beizung von Saatgut mit Pestiziden und Düngern, sozusagen "Pflanzenstärkung" ohne Rücksicht auf die natürlichen Gegebenheiten, ab. Ganz davon abgesehen, dass diese Vorbehandlung nicht Dürreschäden verhindern kann.
Kolja Schümann plädierte für den Einsatz von Pflanzenkohle. Deren Produktion sei regional, in einer Anlage bei Bodelshausen geplant. Wenn die bürokratischen Hürden für diese Anlage erst einmal überwunden seien, dann wäre Pflanzenkohle ein Gewinn sowohl für die damit behandelten Anbauflächen als auch für die Landschafts- und Gütlepflege, denn das holzige Schnittgut eigne sich sehr gut für die Herstellung von Pflanzenkohle, so Schühmann.
Jörg Kautt berichtete u. a. von seiner negativen Erfahrung mit dem Einsatz einer Saatgutdrohne und Christian Engelhardt plädierte für die regenerative Landwirtschaft. Es wies darauf hin, dass im Gemüsebau eine intensive Bodenbearbeitung die Regel sei, was dem Humusaufbau und damit der Kohlstoffspeicherung eher abträglich wäre. Außerdem sei der Trinkwasserverbrauch (Bodenseewasserversorgung) hoch. Tennental strebe deshalb an mehr Regenwasser zu speichern und zu nutzen.
Eine funktionierende Regionalvermarktung ist wichtig für den Erhalt unserer Kulturlandschaft und auch aus Klimaschutzgründen sinnvoll, wobei sich die Teilnehmenden nicht ganz einig waren, wo unsere Region endet. Betrachtet man die (polit.) Region Neckar-Alb oder Ammerbuch und angrenzende Gemarkungen? Lebenmittelhändler legen den Begriff "Region" üblicherweise deutlich großzügiger aus als Vertreter*innen des Natur- und Umweltschutzes.
Jochen Eissler und seine Familie bewirtschaften einen vorbildlicher Mischbetrieb mit Mutterkuhhaltung und füttern ausschließlich lokales Gras- und Heu.
"Die Regionalvermarktung könnte besser laufen", so Eissler. "Schade, dass in Ammerbucher Supermärkten Fleisch von-weiß-ich-woher gekauft wird und ich immer wieder meine Kühe über den Viehhändler was-weiß-ich-wohin verkaufen muss." Zumal er einen engen Bezug zu seinen Tieren habe, so Eissler, sei ihm ein regionaler Schlachthof mit kurzem Anfahrtsweg wichtig. Es wäre deshalb gut, wenn der Gärtringer Schlachthof, der nach einem Tierschutzskandal geschlossen wurde wieder unter neuer Leitung öffnen würde.
Auf dem Podium und aus dem Publikum wurde gefordert, den Kontakt Erzeuger*in - Verbraucher*in wieder zu stärken, um die Wertschätzung von Lebensmitteln und Landschaft zu stärken. Mit entsprechenden Bildungsmaßnahmen müsste schon in KITA und Grundschulen begonnen werden, erst Recht, wenn diese Wertschätzung nicht mehr durch das Elternhaus vermittelt werde.
Engelhardt berichtete, dass man im Tennental zunehmen auf die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) setze, die Erzeuger*-und Verbraucher*innen zusammenbringe und, anders als der "freie Markt", eine verlässliche Abnahme zu fairen Preisen sichere.
Abnehmer von regionalen Produkten könnten auch Kantinen z. B. von Schulen, Firmen oder Krankenhäusern sein. Allerdings, so eine Vertreterin des Landwirtschaftsamtes am Rande der Veranstaltung: Die bäuerlichen Betriebe in der Region wären längst nicht in der Lage, alle Einrichtungen zu versorgen.