Leserbrief zur geplanten Baumschutzsatzung in Reutlingen

Reaktion von Ira Wallet und Rainer Blum vom BUND-Kreisverband Reutlingen auf einen Leserbrief (02.11.19) von Uwe Alle, Vorsitzender von Haus & Grund Reutlingen und Region, zur geplanten Baumschutzsatzung in Reutlingen.

Warum lehnt Uwe Alle vom „Haus und Grund Verein Reutlingen“ eine Baumschutzsatzung ab? Denn private Vermieter, die »pflegen und hegen seit Generationen hingebungsvoll ihre Gärten und die von ihnen gepflanzten und gewachsenen Baumbestände mit hohem körperlichem und finanziellem Einsatz«, haben durch sie nichts zu befürchten. Die Satzung soll verhindern, dass weniger hingebungsvolle Grundbesitzer ihre Bäume, deren Stämme 100 cm Umfang erreicht haben, ohne Rücksprache und Genehmigung der Stadtverwaltung absägen. Die Liste von möglichen Ausnahmen ist lang und eigentümerfreundlich. Und was gewissenhaften Grundstücksbesitzer*innen sicher gefallen wird: Sie bekommen von einem Baumschutzamt kostenlos Beratung in puncto Baumpflege, -krankheiten und der Entfernung von Bäumen.

Eine Baumschutzsatzung bietet der Stadtverwaltung eine Handhabe, den Umgang mit größeren Bäumen zu regeln. Es gibt leider Menschen, die vergessen oder ignorieren, wie wichtig Bäume für uns und unser Stadtklima sind. Ein Negativbeispiel zeigt die Situation auf einem Grundstück im Kammweg. Ein bekannter Bauunternehmer ließ in einer Geheimaktion acht Bäume absäbeln. Vermutlich hatte er Angst, eine solche Baumschutzsatzung könnte ihn daran hindern, größere Bäume nach Belieben zu fällen. Damit hat er auch den Horststandort eines Mäusebussards und Lebensraum vieler anderer Vögel zerstört. Im Falle einer Neubebauung hätte er eine Genehmigung beantragen können. All diese Informationen, zusammen mit Hinweisen zum Umgang mit geschützten Tieren, hätte er über ein Baumschutzamt kostenlos bekommen.

Bereits seit der Gründung des Bund für Umweltschutz Reutlingen e.V. (BfU) – später der BUND Kreisverband Reutlingen – Anfang der 70’ er Jahre versuchen wir, zusammen mit anderen Umweltverbänden, eine Baumschutzsatzung in Reutlingen zu etablieren. Nicht um ehrliche Grundstückseigentümer zu gängeln, sondern um den Umgang mit unseren Bäumen zu regeln. Wie im Gemeinderat vorgeschlagen und von uns unterstützt, könnten wir mit der Kernstadt anfangen. Man hätte die Satzung bereits am 24. Oktober verabschieden können. Als Grundstock existiert schon ein Baumkataster. Später, nachdem man weitere Erfahrungen gesammelt hätte, könnten die Teilorte dazu kommen. Wichtig auch für die Vororte: Die Bäume auf Streuobstwiesen sind von einer Baumschutzsatzung nicht tangiert!

Eine Baumschutzsatzung ist aufwändig und greift in das Eigentumsrecht ein. Der Bestand an großen Bäumen muss erfasst und kontrolliert werden. Eine volle Stelle ist notwendig, um die schriftliche Arbeit zu erledigen und die Einsätze zu koordinieren. Dazu kommen Mitarbeiter*innen, die Gutachten, Beratungen und Kontrollen vor Ort durchführen. In Konstanz gibt es z. B. vier Mitarbeiter*innen, die diese Aufgabe neben anderen Tätigkeiten übernehmen.

Warum dieser Aufwand? Die Satzung sensibilisiert die Bürger für den Wert von Bäumen. Hauseigentümer, Gärtner, Landschaftspfleger wissen dann genau, was zu tun ist und was nicht. Wenn ein großer, artenschutzrelevanter, klimawirksamer, die Erholung fördernder Baum gefällt wird, muss ein Ersatz her.

Ja, es passieren unschöne Dinge von Leuten, die versuchen die Regeln zu umgehen. Aber so etwas gibt es in allen Bereichen, wo Menschen zusammenleben. Insgesamt betrachtet, so der Leiter des Konstanzer Baumschutzamtes, profitiert die Stadt Konstanz von der Satzung.

Wir meinen, dass in Anbetracht des Klimawandels und der belasteten Luft in Reutlingen eine verbindliche Regelung beim Umgang mit unseren großen Bäumen unverzichtbar ist. Für das Wohl von allen.

Ira Wallet und Rainer Blum, BUND Kreisverband Reutlingen

 

Sehr gut gemachter, mit Fakten gespickter Infoflyer des BUND KV RT zu Stadtbäumen.

 

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