BUND Regionalverband Neckar-Alb
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Biomasseverbrennung als zentraler Baustein der Wärmewende - oder Kommunen auf dem Holzweg?

Der Wald ist mehr als nur Holzlieferant (Foto: Barbara Lupp)

Kommunale Nahwärmekonzepte sind in größeren Kommunen Pflicht aber auch in kleineren Gemeinden vielerorts sinnvoll um die Wende weg von fossilen Brennstoffen hin zu klimafreundlicher Wärmeversorgung zu stemmen. Zu kurz gedacht und geplant ist es jedoch, wenn Kommunen landauf, landab auf Heizwerke setzen. Diese werden oftmals mit Holz als Brennstoff und ohne Kraftwärmekopplung (also ohne Stromerzeugung) betrieben, wobei Holz(vergasung) zur Stromerzeugung nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll ist.

Auch wenn aktuell in unseren durch die Klimakrise geschädigten Wäldern viel Restholz anfällt, kann dieses nicht die Basis für  langfristige Investition in Holzheizzentralen im Gigawattstundenbereich sein. So schreibt die Firma Ebök 2023 in einem Gutachten für die Stadt Tübingen: "Die lokalen Potenziale wurden aus Waldholz, der Landschaftspflege und dem Altholzaufkommen auf insgesamt ca. 20 GWh/a geschätzt. Diese Potenziale werden für den zu erwartenden Bedarf bei Weitem nicht ausreichen und derzeit auch bereits verwendet“. In der Regel plant jede Kommune für sich, eine regionale Übersicht und Abstimmung z. B. auch hinsichtlich der verfügbaren Restholzvorräte gibt es unseres Wissens nicht. Hier wäre der Regionalverband gefragt!

Wenn die teuren Heizwerke erst einmal gebaut sind, dann müssen sie auch "gefüttert" werden. Ob dann wohl noch kontrolliert wird, ob die Pellets oder Hackschnitzel aus nachhaltiger, naturschutzverträglicher und im Idealfall regionaler Restholznutzung stammen oder (auch) aus Raubbau z. B. in osteuropäischen Wäldern, ohne Berücksichtigung der Nutzungskaskade?

Folgerichtig fordern BUND und NABU in einem gemeinsamen Aufruf zur Wärmewende dazu auf, nicht im großen Stil auf Holzverbrennung zu setzen. Auch in der BUND-Studie "Klimaneutrales BW" spielt in Biomassenutzung in zwei von drei Szenarien eine Nebenrolle.

Abwärmenutzung (aus Abwasser, aus Gewässern, aus Rechenzentren,...), Geothermie, Solarthermie oder mit Wind-Wasser-Solarstrom betriebene (Groß-)Wärmepumpen, kombiniert mit Wärmespeichern, können in der Betriebsphase als weitgehend "klimaneutral" bezeichnet werden. Dagegen ist dieses Label bei der immer mit C02-Emissionen verbundenen Verbrennung von Holz oder auch von Methan aus Anbaubiomasse zumindest diskussionswürdig. Diese Diskussion wird jedoch in kommunalen Entscheidungsgremien oder in Jubel-Pressemitteilungen über die geplante "dekarbonisierte Wärmeversorgung" mithilfe von Holzheizzentralen bisher kaum geführt.

Ebenso wird in der kommunalen Praxis oftmals vernachlässigt, dass neben Stromsparmaßnahmen die energetische Sanierung von großen Verwaltungseinheiten, Hochschulen und Kliniken, Gewerbe- und Wohneinheiten bis zu Privathäusern eine wichtige Voraussetzung für das Erreichen der Klimaziele im Wärmebereich darstellt. Deshalb fordern Umweltverbände sowie diverse Studien die Sanierungsrate noch vor oder zumindest gleichzeitig mit dem Bau von Wärmenetzen zu steigern um dann den "Restbedarf" für Heizen und Warmwasser klimafreundlich decken zu können. So liest man zum Beispiel im Metzinger Bericht auf S. 59: "Im Zeithorizont bis zum Jahr 2040 könnte bei einer Verdopplung der jährlichen Sanierungsrate auf 2 %, der Wärmebedarf um bis zu 8 % gesenkt werden".

Ein weitere Möglichkeit um Energie zu sparen ist die kontrollierte Absenkung des Temperaturniveaus in kommunalen Wärmenetzen (das gilt übrigens auch bei Heizsystemen in einzelnen Gebäuden).

Nicht zuletzt treibt die in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegene Wohnfläche/ Kopf nicht nur den Wärmeenergieverbrauch sondern auch den Flächenfraß und die Flächenkonkurrenz nach oben - auf diesem Gebiet ist ein grundsätzliches Umdenken nötig! Hier, im BUND-Flyer oder dem Beitrag in der DBZ mit dem passenden Titel "It´s the Wohnfläche stupid" findet man Vorschläge und Forderungen zum Thema Flächensuffizienz.

Der Umstieg von Heizzentralen mit Erdgas (oftmals immerhin mit KWK!) oder Kohle auf Heizen mit Holz scheint zwar einfacher und schneller realisierbar als die oben vorgeschlagenen, zum Teil komplexen Maßnahmen, stellt aber keinen Systemwechsel von klimabelastend-fossil auf klimafreundlich-dekarbonisiert dar - vor allem dann nicht, wenn aufgrund von schlecht gedämmten Gebäuden die Umgebung mitgeheizt wird.

Hinzu komm, dass der jahrzehntelang als selbstverständlich angenommene Holzzuwachs sowie die Kohlenstoffbindung - das Argument für "klimaneutrale Holzverbrennung" - in unseren Wäldern aufgrund der zunehmenden Hitze-, Dürre- und Sturmschäden immer schwerer kalkulierbar wird. Bis zum mehr oder weniger klimaresilienten Wald ist es noch ein weiter Weg.


Informationen zur Restholzverwertung und zu Kurzumtriebsplantagen (KUP).


 

Energie aus nachwachsenden Rohstoffen

Der BUND spricht sich dafür aus, Biomasse in Maßen zur Energiegewinnung zu nutzen.

Holz, Energiepflanzen und organische Reststoffe zur Gewinnung von Energie zu nutzen, hat eine lange Tradition und ist gleichzeitig ein wichtiger Baustein der Energiewende. Dabei kommt es zu Konflikten mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion. Entscheidend ist, wie Biomasse entsteht und dass sie in effizienten Anlagen genutzt wird, die vorrangig Reststoffe, wie Landschaftspflegematerial oder Gülle verwerten. Mehr...

 


 

Biogasanlagen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb

 

BUND befürwortet den Bau umwelt- und regionalverträglicher Biogasanlagen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Regionalverband Neckar-Alb begrüßt die Planüberlegungen von Fairenergie in enger Kooperation mit Landwirten aus der Region eine Biomethan-Anlage bei Münsingen zu errichten. Bio-gasanlagen können die regionale Wert-schöpfung stützen, einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und sie verringern die Abhängigkeit von endlichen, fossilen Energieträgern. „Die Biomethan-Anlage bei Münsingen könnte zu einem Vorzeigeprojekt für die vom BUND entwickelte Idee des Bioenergiegebiets bzw. Klimaschutz-gebietes Schwäbische Alb sein.“ so BUND-Regionalgeschäftsführerin Barbara Lupp. Aus Sicht des BUND muss Biomasse jedoch stets effizient eingesetzt werden, da ihre Potentiale begrenzt sind. Das bedeutet, dass wie von Fairenergie angedacht, neben der Stromproduktion eine sinnvolle Wärmenutzung stattfindet. Die Einspeisung von aufbereitetem Biogas ins Erdgasnetz ist eine zukunftsfähige Vorgehensweise, da sie Biomassequelle und Wärmeverbraucher zusammenbringt.
Die Landwirte sind die wesentlichen Akteure aber gegebenenfalls auch die Betroffenen bei Biogasanlagen auf der Alb, in deren Folge es zum Anstieg der Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen kommen kann. Zudem steht der Anbau nachwachsender Rohstoffe für die "stählerne Kuh" Biogasanlage in Konkurrenz zum Futtermittelanbau und zum Rapsanbau für Ölmühlen. Aber: Die Biogasanlage bietet auch ein weiteres Standbein für Landwirte, die Grasschnitt, Materialen aus der Landschaftspflege oder nachwachsende Rohstoffe zur Verfügung stellen können. Bodenschondender Mischfruchtanbau - wie in der Biolandwirtschaft seit langem praktiziert - liefert das geeignete Hauptfutter. Eine Anlage, die aufgrund ihrer Größe und Leistung allerdings eine deutliche Einschränkung der Fruchtfolge auf intensiv gedüngte und gespritzte Energiepflanzen (Mais folgt auf Mais folgt auf Raps folgt auf Mais...) und eine Ausdehnung dieser Flächen erfordern würde, ist dagegen, so Rainer Blum, Energiefachmann des BUND Regionalverbandes, mit den Zielen des Biosphärengebietes nicht vereinbar. Humuszehrung und Erosion, Grundwasser-verschmutzung, Gefährdung seltener und typischer Tiere und Pflanzen sowie die Ver-ödung des Landschaftsbildes müssen vermieden werden. Ebenso lehnt der BUND den Anbau gentechnisch veränderter Biomassepflanzen ab - im Biosphärengebiet, das zudem noch zum großen Teil in der "gentechnikfreien Anbauregion Neckar-Alb" liegt, sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein! Die Größe und die "Fütterung" der Anlage müssen also, so der BUND, umwelt- und sozialverträglich sein. Diese Kriterien gelten übrigens für alle Nutzungen des Biosphärengebietes Schwäbische Alb: Für Tourismus, Verkehr, Landwirtschaft und für die Energieerzeugung -nicht zuletzt, weil davon die internationale Anerkennung durch die UNESCO abhängt!


Aus Sicht des BUND sollte bei den weiteren Planungen auch beachtet werden, dass biogene Reststoffe („Biomüll“), die bisher bestenfalls in der Kompostieranlage landen, ebenso wie Gülle bzw. Mist als Substrat für die Biogasanlage dienen können.
Dieses Projekt stellt eine große Heraus-forderung für Fachleute aus Landwirtschaft und Energiewirtschaft, Naturschutz und Politik dar: Sie müssen unter anderem zum Standort, zur Substraterzeugung und Beschaffung, Ausbringung und Energiebilanz klare Positionen und Werte ermitteln. Auch der Faktor Mensch darf nicht vergessen werden, so der BUND Regionalverband: Um das Biospährengebiet zu einer Klimaschutzregion
zu machen und die umweltverträgliche, regionale Wertschöpfung zu fördern, ist es wichtig, die Menschen in der Region früh-zeitig in Planungen zu einzubeziehen.


 

Biogasunfall im Gewerbegebiet Engstingen/Haid

Gülle energetisch verwerten ohne den Schutz der Umwelt zu vernachlässigen! 

BUND stellt nach dem gravierenden Unfall in der Biogasanlage im Gewerbegebiet Haid/Engstingen Fragen und Forderungen.

Immer wieder kommt es in Deutschland zu sogenannten Güllehavarien bei Transportunfällen, durch illegale Gülleausbringung insbesondere in Gewässer durch Betriebsunfälle wie der vom 11. Januar bei Engstingen. Thomas Goerlich, Mitglied des BUND-Regionalverbandvorstandes aus Trochtelfingen, hofft, dass das ausgeflossene Gärsubstrat trotz der großen Menge von 1,5 Mio Liter keine erheblichen Umweltschäden zur Folge haben wird. Denn die ammoniakhaltige, stinkende Flüssigkeit floss vor allem über versiegelte Gewerbefläche und konnte zu großen Teilen abgepumpt werden.Trotzdem deuten das in Folge des Unfalls übergelaufene Klärbecken bei Trochtelfingen sowie Gärflüssigkeit im Flüsschen "Seckach" darauf hin, dass Fließgewässer und ihre Fauna sowie Trinkwasserwasserfassungen bedroht sein könnten.

Große Teile der Schwäbischen Alb, so auch das Gebiet um Engstingen sind aufgrund des karstigen, wasserdurchlässigen Untergrunds zu Recht Trinkwasserschutzgebiet. Der BUND Regionalverband Neckar-Alb fordert deshalb eine intensive Überprüfung auf mögliche Verschmutzung - auch der Quellen am Albtrauf im Einzugsgebiet. Außerdem stellt der Umweltverband die Frage, weshalb diese Biogasanlage offensichtlich ohne ausreichend großen Auffangraum betrieben werden durfte. Der BUND kritisiert generell, dass für "Anlagen, die mit Gülle, Jauche usw. umgehen" so der §1 der Anlagenverordnung* für wassergefährdende Stoffe weniger strenge Schutzvorkehrungen gelten als für andere Anlagen, in denen z. B. mit Kraftstoffen oder Säuren gearbeitet wird. Diese aus Wasserschutzsicht nicht nachvollziehbare Ausnahme sollte gestrichen werden.

Der BUND Bundesverband hat 2016 unter dem Titel "Schlamperei, Pech und Sabotage im Umgang mit Gülle"* eine Übersicht über die jüngsten Güllehavarien in Deutschland erstellt. Neben dem "Dauerskandal" von vielerorts zu hohen Nitratwerten in überdüngten, landwirtschaftlichen Flächen schädigen diese Vorfälle den Ruf der Landwirtschaft und der Biogasbranche. Auch deshalb sind Behörden und Betriebe in der Pflicht: Mehr Kontrolle und sorgsamerer Umgang mit diesem wertvollen, aber umweltgefährdenden, nachwachsenden Rohstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung.

Anmerkung: Mittlerweile scheint klar zu sein, dass das ausgelaufene Gärsubstrat aus Lebensmittelresten und nicht, wie in zahlreichen Presseberichten publiziert, aus Gülle bestand. In der Zusammensetzung, den Auswirkungen auf die Umwelt und der rechtlichen Behandlung sind diese beiden Biogassubstrate jedoch vergleichbar.

* Link zu der zitierten BUND-Übersicht:

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* Hier die oben genannte Verordnung. Gleich in §1 wird erwähnt, dass die für den Wasserschutz wichtigen §§ 2, 5 und 6 aus nicht nachvollziehbaren Gründen u. a. für Biogasanlagen nicht gelten:

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Land- und fortswirtschaftliche Biomasse und Naturschutz in Baden-Württemberg

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