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Geiselhart-Areal: Ist das erhaltenswertes Stadtgrün oder kann das weg?

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) befürwortet die sogenannte Nachverdichtung im Innenbereich um die weitere weiteren Zersiedelung unserer Natur- und Landschaft aufzuhalten. Der Trend in vielen Kommunen – so auch in Reutlingen – ist jedoch, dass man Grünflächen im Innenbereich in dichtbebaute, mit monotonem Alibigrün dekorierte Wohn- oder Bürokomplexe umwandelt und gleichzeitig an den Siedlungsrändern weiterbaut.

Seit wenigen Jahren gibt es im Baugesetzbuch den §13b für den Außenbereich und den §13 a für den Innenbereich um dieses Flächenwachstum zu beschleunigen und sich – wie beim parkähnlichen Geiselhartgelände – die »lästige« Umweltprüfung sowie Ausgleichsmaßnahmen zu sparen. Allerdings muss in beiden Fällen trotzdem untersucht werden, ob auf der überplanten Fläche geschützte Arten vorkommen. Im Geiselhartgelände konnten, trotz der relativ isolierten Lage, geschützte Käferarten sowie Habitate für diverse Vogel- und Fledermausarten festgestellt werden. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Zerstörung derartiger Grüninseln nur unzureichend durch das Aufhängen von Nisthilfen und Fledermausquartieren – so der Vorschlag der Stadtverwaltung – ausgleichen lässt. Auch wenn geplant ist, einige der großen Bäume zu erhalten, wird die Versiegelung der Grünfläche zu einer Artenverarmung führen.

Daneben stellt sich die Frage, inwieweit die verbleibenden Bäume die Bauphase gesund überstehen werden. Mittlerweile ist ein Stammschutz üblich. Genauso üblich ist es aber leider immer noch, einen Teil der Feinwurzeln, die für die Wasser- und Nährstoffversorgung lebenswichtig sind, zu kappen und den Wurzelbereich durch schweres Baumaterial und Baumaschinen zu verdichten. Der dadurch und durch die Versiegelung verursachte Trockenstress führt zu »verkehrsgefährdeten« Totholz und endet oftmals mit der Fällung des Baums. Klar ist, dass sowohl ein kranker Baum als auch die Ersetzung großer Bäume durch »betontaugliche« Nachpflanzungen weniger zur Luftverbesserung beitragen als die aktuelle Grünfläche. Diese ist schließlich nicht nur ein Trittstein für siedlungsbewohnende Tierarten sondern verbessert das Stadtklima, wie die Stadtverwaltung selbst schreibt.

Die Stadtverwaltung schreibt weiter, dass diese Klimaschutzfunktion höchstens von lokaler Bedeutung sei. Mit diesem Argument könnte man natürlich diverse kleinere Grünflächen in der sowieso unter Luftverschmutzung leidenden Kernstadt beseitigen – z. B. auch die Grünfläche mit »den paar« Kastanienbäumen vor dem Hauptbahnhof? Diese Strategie des gewinnmaximierenden »Ausmostens« würde jedenfalls die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Reutlinger City weiter senken. Eine letzte Anmerkung zum Thema Baum: Nicht plausibel erscheint, dass man die offensichtlich gesunden Eschen des Areals beseitigen will, weil diese Baumart in Deutschland durch das Eschentriebsterben gefährdet ist. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Gerade weil diese Eschen (entweder aufgrund ihrer isolierten Lage oder vielleicht sogar, weil sie resistent sind) nicht befallen sind, sollte man sie erhalten anstatt sie »vorbeugend« zu fällen.

Aus Sicht des BUND wäre es sinnvoll auf Basis eines Artenschutzkonzeptes und auf Basis der bereits bestehenden Klimaschutzanalyse der Stadt Reutlingen einen Grünentwicklungsplan zu erarbeiten um systematisch zu prüfen, welche Grünflächen erhaltens- und förderwürdig sind und wie man sie im Idealfall verknüpfen könnte.

Da es im Reutlinger Stadtgebiet noch viele Hektar Industrie- und Gewerbebrachen gibt, sollte eine mächtige Organisation wie die IG Metall in der Lage sein, dort eine geeignete Fläche für ihr geplantes Bürogebäude zu finden.

Barbara Lupp, BUND Regionalverband Neckar-Alb und Ira Wallet, BUND Kreisverband Reutlingen

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